Wiederansiedlung von Flusskrebsen im Waldreservat Sihlwald

Vollständige Lösung
Steinkrebs (Austropotamobius torrentium)
Photo: Wildnispark Zurich / Mirella Wepf

Flusskrebse waren früher in der Schweiz weit verbreitet. Die vier einheimischen Arten sind jedoch heute durch den Verlust von Lebensräumen und invasive Arten wie die Krebspest stark bedroht. Flusskrebse spielen eine wichtige Rolle im aquatischen Ökosystem. Als Allesfresser zersetzen sie zum Beispiel abgestorbene Pflanzen oder die Überreste toter Fische. Außerdem dienen sie zahlreichen Tieren als Nahrung, darunter größeren Fischen wie Hechten, aber auch Füchsen, Ottern, Mardern und Reihern.

Auch im Waldreservat Sihlwald spielt der Lebensraum Wasser eine wichtige Rolle. Die Stiftung Wildnispark Zürich setzt sich für den Artenschutz ein und unterstützt die Förderung von einheimischen Wildtierarten und lokalen Populationen.

Ziel dieses Projektes ist es, eine lebensfähige Population des Steinkrebses (Austropotamobius torrentium) im Sihlwald wiederherzustellen und die lokale Bevölkerung und Parkbesucher für das Thema der aquatischen Biozönose zu sensibilisieren.

Letzte Aktualisierung: 16 Jul 2025
104 Ansichten
Kontext
Angesprochene Herausforderungen
Verlust der biologischen Vielfalt
Verlust von Ökosystemen
Invasive Arten

Lebensraumverlust und invasive Arten, darunter die Krebspest, machen den vier einheimischen Flusskrebsarten das Überleben schwer. Der Edelkrebs, der hauptsächlich in stehenden Gewässern lebt, ist gefährdet, während der Steinkrebs und der Dohlenkrebs, die Bäche und Flüsse bevorzugen, stark gefährdet sind. Der italienische Dohlenkrebs, der in Graubünden und im Tessin heimisch ist, ist sogar vom Aussterben bedroht.

Die größten Herausforderungen bestehen darin, eine stabile und lebensfähige Population aufzubauen und zu verhindern, dass sie der Krebspest zum Opfer fällt.

Umfang der Durchführung
Lokales
Ökosysteme
Gemäßigter Laubwald
Fluss, Bach
Theme
Invasive gebietsfremde Arten
Verwaltung der Arten
Konnektivität / grenzüberschreitende Erhaltung
Wiederherstellung
Lokale Akteure
Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Wissenschaft und Forschung
Standort
Sihlwald, Kanton Zürich, Schweiz
West- und Südeuropa
Prozess
Zusammenfassung des Prozesses

Um die Ziele zu erreichen und den Nutzen des Projekts zu maximieren, ist das Zusammenspiel aller Komponenten, wie in den 5 Bausteinen beschrieben, unerlässlich.

Bauklötze
Analyse des Lebensraumpotenzials

Im Sihlwald deuten Flurnamen wie "Chrebsächerli" darauf hin, dass es einst eine Flusskrebs-Population gegeben haben muss.

Im Rahmen seiner Bachelorarbeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften untersuchte der Umweltingenieur Marc Furrer 2022:

  • was über die historischen Flusskrebspopulationen im Sihlwald bekannt ist,
  • ob in den Bächen des Sihlwaldes heute Flusskrebse leben und
  • ob die Bäche im Sihlwald als potenzieller Lebensraum für Krebse geeignet sind.

Er untersuchte sechs Bäche im nördlichen Teil der Übergangszone des Naturerlebnisparks Sihlwald. Zwei der untersuchten Bäche schieden aus, weil sie im Sommer trocken fielen. Von den verbleibenden vier Bächen wies ein Bach sehr gute Lebensraumbedingungen für Stein- und Edelkrebse auf: Alle Wasserparameter weisen optimale Werte auf, das Gewässer bietet aufgrund des hohen Totholzanteils und der Beschaffenheit des Bachbettes zahlreiche Versteckmöglichkeiten. Bachverbauungen im unteren Abschnitt verhindern die Wanderung von invasiven Krebsarten und bieten somit Schutz vor der Krebspest.

Ausgehend von der Länge des Baches und der Lebensraumqualität wurde eine mögliche Population von 647 Flusskrebsen geschätzt.

Die Ergebnisse dieser Studie dienten nun als Grundlage für die Wiederansiedlung des Flusskrebses im Sihlwald.

Ermöglichende Faktoren

Die Analyse des Lebensraumpotenzials wurde in Zusammenarbeit mit Experten und Forschern der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und lokalen Naturschutzorganisationen durchgeführt.

Gelernte Lektion

Die Analyse des Lebensraumpotenzials ist eine wesentliche Grundlage für die nächsten Schritte in diesem Projekt.

Vorbereitung und Finanzierung

Zunächst wurde ein Umsetzungskonzept entwickelt, das aus den folgenden Teilen besteht:

  • Wiedereinführung (siehe Baustein 3)
  • Flankierende Bildungsmaßnahmen (siehe Baustein 4)
  • Erfolgskontrolle (siehe Baustein 5)

Eine der Voraussetzungen für die Wiederansiedlung von Flusskrebsen im Sihlwald ist die Bewilligung durch die Fischerei- und Jagdverwaltung des Kantons Zürich.

Um das Geld für die Wiederansiedlung und die Bildungsmassnahmen aufzubringen, lancierte der Verein eine Fundraising-Kampagne, die noch läuft.

Weitere Mittel wurden vom Bundesamt für Umwelt und von der Naturschutzdirektion des Kantons Zürich zur Verfügung gestellt.

Ermöglichende Faktoren

Die Wildnispark Zürich Stiftung verfügt über ein professionelles Marketing- und Fundraising-Team, ohne das eine solche Spendenaktion nicht möglich wäre.

Gelernte Lektion

Um eine solide Grundlage für ein solches Projekt zu schaffen, sind mehrere Finanzierungsquellen erforderlich.

Wiederansiedlung von Steinkrebsen

Nach Abschluss der Vorbereitungen (wie in den Bausteinen 1 & 2 beschrieben) begann die Wiederansiedlung der Krebse in einem Bach im Waldreservat Sihlwald mit der Freilassungsaktion am 21.09.2024. Insgesamt 40 adulte Steinkrebse (Austropotamobius torrentium) wurden unter Beteiligung der lokalen Bevölkerung, des Fördervereins Wildnispark Zürich und des Naturschutzvereins Sihltal ausgesetzt.

Die Wiederansiedlung wird in den Jahren 2025 und 2026 fortgesetzt und es werden weitere Krebse in die Sihlwaldbäche ausgesetzt, insgesamt 150 Tiere.

Alle Tiere stammen aus Spenderbächen in der Region und aus lokaler Zucht.

Ermöglichende Faktoren

Die Krebse sind an die örtlichen Gegebenheiten im Aussetzungsbach angepasst, da sie aus regionalen Spenderbächen und aus lokaler Zucht stammen.

Gelernte Lektion

Rückschlüsse auf den Erfolg der Wiederansiedlung können frühestens nach 5 bis 10 Jahren, nach der Erfolgskontrolle im Jahr 2028, gezogen werden.

Bildung und Bewusstseinsbildung

Nicht nur der Einbezug der lokalen Bevölkerung in die Freilassungsaktion der Krebse (wie in Baustein 3 beschrieben) ist ein wichtiger Teil der Aufklärung und Sensibilisierung.

Gleichzeitig wurden die Mitarbeiter der Stiftung Wildnispark Zürich umfassend geschult, um einerseits die Informationen an die Parkbesucher weitergeben zu können und andererseits die Krebse im Aquarium zu halten und zu züchten.

In unmittelbarer Nähe des Besucherzentrums des Wildnisparks Zürich wird das Unterwasserleben der Sihl auf Informationstafeln erklärt und in einem Aquarium veranschaulicht. Das Aquarium beherbergt 7 einheimische Fischarten und neuerdings auch eine einheimische Flusskrebsart.

Zurzeit wird an einer umfassenden Ausstellung zum Thema Wasser als Biozönose gearbeitet, die Kinder und Erwachsene über die einheimischen Wasserbewohner informieren und für deren Schutz sensibilisieren soll. Interaktive Elemente zum Thema Flusskrebse werden ein wichtiger Bestandteil dieser Ausstellung sein, die im Sommer 2026 eröffnet werden soll.

Ermöglichende Faktoren

Das Aquarium gibt es seit 2005, und die Mitarbeiter des Parks verfügen über ein großes Wissen über die Haltung von Wasserlebewesen. Der Park verfügt auch über ein großes Fachwissen im Bereich der Umwelterziehung und Bewusstseinsbildung, da dies eine der Kernaufgaben des Parks ist.

Gelernte Lektion

Wenn Projekte in Modulen organisiert sind, die auch einzeln finanziert werden, dann können diese Module auch unabhängig voneinander durchgeführt werden.

Überwachung des Erfolgs

Im Jahr 2028 sollen zwei weitere Erhebungen in dem Bach, in dem die Krebse ausgesetzt wurden, durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Aussetzungsaktionen von 2024-2026 erfolgreich waren und sich eine stabile Krebspopulation im Bach etablieren konnte.

Auswirkungen

Diese Lösung erfüllt die meisten Ziele der Stiftung Wildnispark Zürich, nämlich:

  • Prozessschutz
  • Schutz der Arten
  • Bildung & Sensibilisierung
  • Erlebnis & Erholung
  • Forschung

Die grösste Wirkung ist, dass eine im Waldreservat Sihlwald ausgestorbene Art in einem geeigneten Lebensraum wieder angesiedelt werden konnte und damit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität geleistet hat.

Begünstigte
  1. Die Schlüsselart Steinkrebs und die aquatische Biozönose.
  2. Das Waldreservat Sihlwald und seine Artenvielfalt.
  3. Die einheimische Bevölkerung und die Besucherinnen und Besucher des Parks können sich über das Leben in der aquatischen Biozönose informieren und zu deren Schutz beitragen.
Globaler Rahmen für die biologische Vielfalt (GBF)
GBF-Ziel 1 - Planung und Bewirtschaftung aller Gebiete zur Verringerung des Verlusts an biologischer Vielfalt
GBF-Ziel 3 - 30 % von Land, Gewässern und Meeren erhalten
GBF-Ziel 4 - Das Artensterben aufhalten, die genetische Vielfalt schützen und Konflikte zwischen Mensch und Wildtieren bewältigen
Ziele für nachhaltige Entwicklung
SDG 14 - Leben unter Wasser
Geschichte
Blick über den Sihlwald vom Aussichtsturm der Hochwacht
Blick über den Sihlwald vom Aussichtsturm der Hochwacht
Photo: Ronald Schmidt

Zusammen mit Sihlwald und Langenberg bietet der Wildnispark Zürich eine einzigartige Kombination von Wald, Wildnis und Wildtieren.

Naturerlebnispark Sihlwald

Obwohl der Sihlwald erst im Jahr 2000 der Natur zurückgegeben wurde, gibt es bereits grosse Teile des Waldes, in denen aufrecht stehende tote Bäume und umgestürzte, morsche Baumstämme einen Eindruck von Wildnis vermitteln. Wildnis bedeutet vielfältige Lebensräume für Pflanzen, Tiere und Pilze. Der Sihlwald war das erste Gebiet in der Schweiz, das mit dem nationalen Prädikat "Naturerlebnispark" ausgezeichnet und zertifiziert wurde. Das Zertifikat würdigt die einzigartige Möglichkeit, Naturschutz und Erholung zu verbinden.

Das Besucherzentrum im Sihlwald bietet Informationen und Kartenmaterial für Ihren Streifzug durch die heimische Wildnis. Die Sihlwald-Ausstellung gibt Ihnen zudem einen Einblick, wie sich der ehemals intensiv genutzte Wald zu einem Naturwald entwickelt. Das Besucherzentrum mit der Sihlwald-Ausstellung ist von Ende März bis Ende Oktober geöffnet.

Wildtierpark Langenberg

Langenberg beherbergt die wichtigsten einheimischen und ehemals einheimischen Säugetiere in grosszügigen Gehegen. Die naturnahe Gestaltung erlaubt es, Braunbären, Wisente, Luchse, Wölfe, Hirsche und Wildschweine fast wie in freier Wildbahn zu beobachten. Die Tiere werden so gehalten, dass sie ihr natürliches Verhalten so weit wie möglich ausleben können. Dazu gehören insbesondere die Partnersuche, die Aufzucht der Jungtiere und - im Falle sozialer Arten - das Zusammenleben in großen Gruppen.

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