Begrünte Fassade zur Hitzewellenpufferung an einem öffentlichen Verwaltungsgebäude in Wien

Vollständige Lösung
Grüne Fassade der Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft (MA 48) in der Einsiedlergasse 1, Wien c MA 22

Der Klimawandel kann in Städten Hitzeinseln verursachen, die sich auf die öffentliche Gesundheit und die Infrastruktur auswirken. In Wien wurde daher ein Pionierprogramm zur Begrünung von Gebäuden entwickelt, zu dem auch die Fassade des Amts für Abfallwirtschaft gehört, um die Auswirkungen auf den Wärmefluss im Winter und den Einfluss auf die Wärmeübertragungsverluste und den Wärmebedarf des Gebäudes zu untersuchen. Die Fassaden sollten auch ökologische Nischen für Insekten und Vögel schaffen und das umgebende Innen- und Außenklima positiv beeinflussen.

Letzte Aktualisierung: 09 Mar 2021
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Kontext
Angesprochene Herausforderungen
Extreme Hitze
Steigende Temperaturen
Vertikale Fassadenbegrünungen sind eine Antwort auf die mit dem Klimawandel verbundenen städtischen Herausforderungen wie den Wärmeinseleffekt und den Verlust der Artenvielfalt. Sie können jedoch hohe Kosten für Bau und Pflege verursachen und erfordern ein hohes technisches Know-how. Die Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung stellt eine technische Herausforderung für die Bewässerung und die Nährstoffversorgung dar. Und schließlich ist die Überwachung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und insbesondere auf Insekten angesichts der schwierigen Zugänglichkeit der vertikalen Wand eine Herausforderung.
Umfang der Durchführung
Lokales
Ökosysteme
Begrünte Dächer / grüne Wände
Theme
Zugang und Vorteilsausgleich
Verwaltung der Arten
Anpassung
Gesundheit und menschliches Wohlergehen
Lokale Akteure
Stadtplanung
Standort
Einsiedlergasse 2, Wien, Österreich
Nordeuropa
Prozess
Zusammenfassung des Prozesses
Die erfolgreiche Durchführung des Projekts erforderte die Beteiligung und Zusammenarbeit einer Vielzahl von Personen in allen Projektphasen. Ein öffentlich-privater Partnerschaftsansatz ermöglichte es den öffentlichen Verwaltungen, die Aufgaben und Risiken der Planung, der Realisierung und des Betriebs gemeinsam mit privaten Partnern zu teilen (Baustein 2). Die kollektive Anstrengung von Experten aus verschiedenen Bereichen erleichterte zudem die Erstellung eines Leitfadens (Baustein 1) mit technischen Informationen für Architekten, Planer, Bauherren, öffentliche Einrichtungen und interessierte Bürger. Dieser Leitfaden dient darüber hinaus als Entscheidungshilfe bei der Auswahl der idealen Begrünung für verschiedene Fassaden.
Bauklötze
Leitfaden für die Förderung der Fassadenbegrünung
Der Leitfaden zur Fassadenbegrünung wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Hochbau und von der Universität für Bodenkultur im Auftrag von ÖkoKauf Wien, dem Programm zur ökologischen Beschaffung der Stadt Wien, erstellt. Der Leitfaden wurde im Februar 2013 im Rahmen einer Tagung an der Technischen Universität Wien vorgestellt. Er bietet wertvolle Fachinformationen für ArchitektInnen, PlanerInnen, BauträgerInnen, öffentliche Einrichtungen sowie interessierte BürgerInnen und dient als Entscheidungshilfe bei der Auswahl der idealen Begrünung für unterschiedliche Fassaden. Die Inhalte umfassen allgemeine Informationen (z.B. Zielgruppen, Umfang, Definitionen, Vorteile einer grünen Fassade) sowie Informationen zu verschiedenen Fassadenbegrünungssystemen, ihren ökologischen und technischen Funktionen und Gestaltungsmöglichkeiten. Eine Systemübersicht, Fördermöglichkeiten und eine Checkliste helfen bei der Vorbereitung und Planung der Fassadenbegrünung, indem sie die notwendigen Bedingungen und Voraussetzungen prüfen. Abschließend zeigt der Leitfaden Best-Practice-Beispiele aus dem Wiener Raum und weiterführende Literatur- und Regelungshinweise auf.
Ermöglichende Faktoren
Für die Entwicklung des Leitfadens war es notwendig, auf die verschiedenen Facetten des entsprechenden Wissens zurückzugreifen, einschließlich z.B. der Ingenieure und eines Vereins für die Begrünung von Gebäuden. Die finanziellen Mittel für die Erstellung des Inhalts, den Druck und die Veröffentlichung waren im jährlichen Projektbudget der Umweltabteilung - MA22 - vorgesehen. Es gab keine zusätzlichen Mittel. Die Erarbeitung des Leitfadens war politisch gewollt und wurde in das politische Programm integriert.
Gelernte Lektion
Die Nachfrage nach dem Leitfaden war groß - die erste Auflage (3000 Exemplare) war bereits innerhalb des ersten Jahres nach der Veröffentlichung vergriffen. Anfang 2017 wird eine neue Auflage erscheinen, die durch zusätzliche kürzere Informationsbroschüren (Folder, Faltblätter usw.) ergänzt werden wird.
Ressourcen
Risiko/Verantwortungsteilung in einer öffentlich-privaten Partnerschaft
Public Private Partnerships (PPP) ermöglichen es öffentlichen Verwaltungen, die Aufgaben und Risiken von Planung, Realisierung und Betrieb gemeinsam mit privaten Partnern in gemeinsamen Projekten zu teilen. Dementsprechend beschloss die Bezirksentwicklungskommission Hernals, die Fassadenbegrünungsmaßnahme im Rahmen von "Public Private Partnership"-Modellen zu fördern. Mit der Expertise der Wiener Umweltschutzabteilung - MA 22 - und der Unterstützung des Bezirks sowie der Umgebung wurde eine bemerkenswerte grüne Oase in Form einer begrünten Fassade an einem Privathaus in der Ortliebgasse geschaffen. Die Zusammenarbeit hat sich für das Projekt und die beteiligten öffentlichen und privaten Partner gleichermaßen bewährt.
Ermöglichende Faktoren
Der wichtigste Erfolgsfaktor war die Zusammenarbeit der Akteure. Die Kosten für Planung und Bau teilten sich der Bezirk und die Umweltabteilung MA 22 mit dem privaten Eigentümer, der für die Instandhaltung verantwortlich ist. Die Vereinbarung basierte auf einem informellen Vertrag zwischen dem privaten Eigentümer und dem Bezirk.
Gelernte Lektion
Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben wird traditionell den öffentlichen Verwaltungen übertragen, so dass es schwierig ist, dieses historisch gewachsene Modell aufzubrechen. Die vielfältigen Anforderungen moderner Gesellschaften zeigen jedoch, dass eine strikte Trennung zwischen öffentlichem und privatem Sektor nicht mehr praktikabel ist. Neue Ansätze wie Public Private Partnerships (PPP) zeigen, dass es für ausgewählte Projekte durchaus vorteilhaft ist, die Aufgaben und Risiken von Planung, Realisierung und Betrieb gemeinsam mit privaten Partnern zu teilen. Bei allen Vorteilen ist zu beachten, dass der Planungs- und Verwaltungsaufwand für die Koordinierung einer ÖPP relativ hoch ist. Dieser kann jedoch mit zunehmender Erfahrung vereinfacht werden und längerfristig sogar Kosten und Ressourcen einsparen.
Auswirkungen

Insgesamt wurden 850 Quadratmeter Fassade mit rund 17.000 Pflanzen (vor allem Stauden, Gräser und Kräuter) begrünt, was den Wert des Areals für die umliegende Bevölkerung erhöht. Als Pilotprojekt diente die Begrünung der Gebäudefassade in erster Linie dazu, den Wissensstand über die möglichen Auswirkungen einer solchen EbA-Maßnahme zu erweitern. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts (2016, TU Wien, Korjenic im Auftrag der MA 22) dienen die begrünte Fassade und ihr Monitoring als erster Schritt zu klaren Definitionen der Auswirkungen der Fassadenbegrünung auf den Wärmebedarf. Der begrünte Teil der Wand hat auch die Wärmedämmung um 21% verbessert (siehe Abbildung 2) und zu einer Veränderung der jährlichen Transmissionsverluste von 54,7 kWh auf 45,1 kWh pro Quadratmeter begrünter Außenwand geführt. Die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Funktion von Lebensräumen müssen zwar noch weiter untersucht werden, werden aber als positiv eingeschätzt. Auch das Bewusstsein für dieses Thema ist bei Planern, Anwohnern und Bauherren stark gestiegen.

Begünstigte
Die Bürger kommen in den Genuss einer verbesserten Klimaregulierung, Luftqualität und Ästhetik, während die Beschäftigten im Sommer kühlere Innentemperaturen haben. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen kommen verschiedenen Interessengruppen zugute und ermöglichen eine umfassendere Fassadenbegrünung.
Ziele für nachhaltige Entwicklung
SDG 3 - Gute Gesundheit und Wohlbefinden
SDG 11 - Nachhaltige Städte und Gemeinden
Geschichte
Jürgen Preiss
MA 22
Jürgen Preiss
Die Wiener Umweltabteilung - MA 22 beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema "Hitze in der Stadt", unter anderem mit der Erstellung einer Klimabilanz und -karte auf Basis von Wärmebildern und der Umsetzung von Maßnahmen wie Grünraumvernetzung, Dachbegrünung, Fassadenbegrünung und Regenwasserbewirtschaftung. Diese Maßnahme umfasst sowohl die bodengebundene, nicht bewässerte Gebäudebegrünung als auch die fassadenbezogene, bewässerte Variante als flächige Systeme oder mit Pflanzgefäßen an der Fassade ("living-walls"). Bei der Konzeption einer solchen EbA-Lösung ist es wichtig, den ganzheitlichen Aspekt zu berücksichtigen, indem alle Co-Benefits, wie Wärmedämmung, Luftreinigung, Verbesserung der Biodiversität, Verbesserung der Stadtgestaltung, des menschlichen Wohlbefindens und der Aufenthaltsqualität, Lärmminderung (insbesondere Reduzierung von Echos, z.B. in Innenhöfen), Schutz und Aufwertung der Bausubstanz und der positive Einfluss auf Photovoltaikanlagen bewertet werden. Auch ist das Fassadenbegrünungsprogramm in besonderem Maße von der politischen Bereitschaft abhängig. Schließlich ist der Umsetzungsprozess sehr komplex und es hat sich gezeigt, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit mehrere Akteure und die Kooperation von Experten aus verschiedenen Disziplinen erfordert. Um die Fassadenbegrünung voranzutreiben, wurde 2016 von der Stadt Wien ein Projekt gestartet, in dem Expertinnen und Experten aus allen relevanten interdisziplinären Disziplinen an der Definition von rechtlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen, ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit, Best Practices, Qualitätssicherungsverfahren und Umsetzungsinstrumenten arbeiten. Die Klärung von brandschutzrelevanten Fragen ist bereits abgeschlossen und der neue Leitfaden zur Fassadenbegrünung wird voraussichtlich Anfang 2017 veröffentlicht werden.
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